Langenthaler Krämerzunft

1704

Seit dem 1. Januar 2010 besteht der neue Verwaltungskreis Oberaargau. Durch verschiedene historisch gewachsene Strukturen wurde dieser Kreis vorgebildet. Neben dem alten Pfarrkapitel auch durch eine bedeutende wirtschaftliche Organisation: Die Oberaargauische Gesellschaft der Handelsleute und Krämer (Gewerbler). Von Vertretern der Ämter Aarwangen, Bipp und Wangen wurde diese am 1. Februar 1704 in Langenthal gegründet. Eigentlich handelte es sich um eine Neugründung mit verbindlichen Satzungen. Bereits 1642 hatten die Langenthaler Konrad Mäder, Hans Blas und Christen Jost zusammen mit dem Roggwiler Kaspar Grütter und dem „Welschen“ Hans Brotbeck das Handels und Verkaufsmonopol für ihre Waren im Oberaargau von Bern erstritten (SSRQ Bern II/2.10, Nr. 578).

Nun wurde dieser Freiheitsbrief in der Wirtschaft zum „Weissen Kreuz“ erneuert. Die 21 namentlich erwähnten Gründungsmitglieder dieser ersten Oberaargauer Handels- und Gewerbevereinigung beschlossen nun erstmals verbindliche Satzungen. Alle Mitglieder hatten sich darauf mit einem Einkaufsbetrag und mit einer Unterschrift zu verpflichten. Diese sahen neben der Bestätigung des Handels- und Gewerbemonopols gegenüber ausländischen Gewerblern und Krämern vor, dass sich die Gesellschaft alle Jahre unter der Führung eines Obmannes in Langenthal trifft. Der Obmann hatte verbindlich „und zwar zu allen Zeiten auss der burgerschaft und gemein Langenthal“ zu stammen. Die Gesellschaft verstand sich als „Bruderschaft“, die sich gegenseitig in den Geschäftsbeziehungen stützen sollte. Damit aber dabei alles korrekt, zum Ziele der Prosperität der Region erfolgt, wurde ein Weibel ausserhalb der Bruderschaft gewählt. Neben den Weibelspflichten (Aufbieten, Informationen überbringen etc.) hatte er auch Aufsicht zu halten, ob etwa „bei den „handels- und gewerbeleuthen betrug und stümplereyen vorgehen“. Modern gesprochen: Die Bruderschaft setzte eine aussenstehende Geschäftsprüfungsstelle ein! Die Versammlung der Krämer wurde klar geregelt. Jeder hatte in „anständiger Kleidung“ und mit dem „Seitendegen“ zu erscheinen. Besonders sollten die auswärts günstig eingekauften Waren allein auf dem Markt in Langenthal, in Läden oder in Ständen zum Verkauf angeboten werden.

Die Ordnung spiegelt den Beginn des Aufstiegs Langenthals zu einem der wichtigsten und bedeutendsten Marktorte des schweizerischen Mittellandes im 18. Jahrhundert.


Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.


Bild: Das „Chrämerhus“ wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Rieg- und Ständerbau errrichtet. Bis 1968 als Spezerei- und Krämerladen in Betrieb.
Heute Kulturzentrum.

Bild der Langenthaler Krämerzunft