Bern baut das Waag- und Zollhaus

1748

Bereits im Jahre 1613 hatte Langenthal als zentraler Marktort der drei oberaargauischen Ämter sein hölzernes Kaufhaus erhalten. 1788/1808 wurde dieses durch den heutigen Bau ersetzt. Der Aufschwung von Handel und Verkehr, die Blüte der Leinwandweberei und Käseproduktion liess dann schon im frühen 18. Jahrhundert das Bedürfnis nach einem weitern Gebäude erwachsen, das als Lagerhaus (Hallage), Waage- und Zollstation dienen konnte. Ähnliche Funktion hatten die Läntihäuser in Wangen (1663) und Aarwangen (privat 1745, staatlich 1762), das Kaufhaus mit Waage in Huttwil und das Lagerhaus an der Zollstatt Dürrmühle-Niederbipp (1773).

Zöllner Friedrich Mumenthaler-Sägesser (1700-1777) wurde 1734 in dieser Sache in Bern vorstellig. Er verwies unter anderem auf eine ungenügende Waage in Langenthal hin. Die Regierung liess sich vorerst Zeit und ermunterte die Langenthaler, privat eine Initiative zu ergreifen. Erst 1745 gebot sie dem Landvogt von Wangen, einen geeigneten Standort für ein Zoll und Waaghaus zu suchen. Die Langenthaler boten dazu den Platz zwischen «Löwen» und Weibel Marti (heute Fust-Gebäude) an. Dieser aber wurde vom Berner Werkmeister Zehnder wegen Überschwemmungsgefahr abgelehnt. Schliesslich erwarb der Staat nicht das von der Gemeinde angebotene Grundstück, sondern eine Vierteljucharte Land von Ammann Andreas Geiser, Müller, an der Hinteren Gasse (heutiger Standort, Bahnhofstrasse). Dort entstand 1748 das Lager- und Waaghaus, das spätere Amtshaus. 1834 wurde es in klassizistischem Stil umgebaut, und diente von 1844 -1911 als Amtssitz. In den Jahren 1892—1911 hatte dort auch die Kantonalbank ihren ersten Sitz. Ab 1912 nutzte es die Gemeinde mit der Verwaltung von Licht und Wasserwerk.

1937 zog die die Oberaargauische Volksbibliothek ein. Bereits 1935 tauchte in Kreisen der Historischen Gesellschaft der Gedanke auf, im alten Amtshaus eine Heimatstube zu errichten, die dann 1942 in drei Räumen des Erdgeschosses eingerichtet werden konnte. Dank einer Motion im Grossen Gemeinderat, die 1978 Samuel Herrmann eingereicht hatte, konnte der Abbruch des Gebäudes verhindert werden und das heutige Museum entstehen.

Das sogenannte Alte Amthaus ist ein stattlicher zweigeschossiger Stock unter Walmdach; es weist gegen die Strasse sechs Fensterachsen, auf der schmalseitigen Hauptfassade deren vier auf. Das gut proportionierte Gebäude geht im Kern, wohl auch Dach, auf den Bau von 1748 zurück, hat aber seine heutige streng-klassizistische Gestalt erst um 1840 erhalten.


Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.


Bild: Das alte Amtshaus und heutige Museum

Das alte Amtshaus und heutige Museum