Die neue Mühle, die später zur alten wird

1759

Das Haus der Alten Mühle wurde 1759 gebaut. Die Mühle im Wuhr ist allerdings viel älter. Bereits 1224 ist sie in einer Schenkungsurkunde erwähnt. Zusammen mit der Kirche auf dem Geissberg vermachte sie damals Eberhard von Grünenberg dem Kloster St. Urban. Bereits zu diesem Zeitpunkt floss die Langete kanalisiert durch das Wuhrquartier und die Wasserkraft wurde zu gewerblichen Zwecken genutzt. Die jüngsten Ausgrabungen bestätigen die schriftliche Quelle. Vom 13. Jh. an bis ins 19. Jh. stand die Mühle unter der Twingherrschaft des Klosters, im Verlauf der Jahrhunderte wurden die Feudalrechte allerdings zur Formalität und den Langenthaler Müllern gelang es, wie den Müllern in andern Gemeinden, zu den reichsten Bürgern des Dorfes aufzusteigen. Diese Entwicklung spiegelt der repräsentative heutige Bau, welcher in den Jahren 1756 bis 1759 entstand, also heute über 250 Jahre alt ist.

Die Langenthaler Müller konnten im 18. Jahrhundert gegenüber den Müllern der Umgebung am meisten Kunden an sich binden und handelten sich gerade auch in zahlreichen Streitfällen um die Nutzung der Langeten allerlei Sonderrechte ein. Der Müller Friedrich Marti, der Bauherr der Mühle von 1759, gehörte in seiner Zeit zu den reichsten Langenthalern und er stellte den Reichtum durch den mächtigen Putzbau mit der weit ausladenden Ründi auch zur Schau. Er liess die Ründi mit prächtigen Blumenornamenten ausmalen. Die siebenachsige Fensterfront hat eine ausgeprägte Mittelachse mit einem Sandsteinsims unterhalb der obersten Fensterreihe. Oberhalb, an der Ründi, liess Marti das Mühlerad malen, eingerahmt von einem Pflanzenornament. An das Mühlegewerbe erinnert auch der schmideiserne Laternenausleger mit Mühlerad an der rechten Hausecke der Mühle. Über dem Eingang ist das Mühlerad in Sandstein gehauen, darunter steht die Jahrzahl 1759. Die Osthälfte des Hauses war Wohnstock, die Westhälfte Mühlebetrieb mit zwei grossen Wasserrädern, die vom Wasser der Langete direkt angetrieben wurden.

1801 ging die Mühle von der Erbschaft Marti an Johann Geiser über. Der Kaufpreis musste damals die Belastungen zu Gunsten des Klosters noch berücksichtigen. Der Mühleinhaber stand auch noch in der Pflicht, an das Kloster Getreide abliefern zu müssen. Während die Mühle im Laufe des 20. Jahrhunderts in den Besitz der Aargauer Mühle AG kam, blieben die Liegenschaften um die Mühle in der Familie Geiser. 1971 wurde der Mühlebetrieb still gelegt und 1978 das Bauland um die Mühle herum verkauft. 1981 konnte die Gemeinde das Areal, umfassend die Alte Mühle, das Bauernhaus mit der Hofstatt, das Neukomm-Stöckli, die Mühlestallungen und den Silobau erwerben. 1982 wurde unter dem Vorsitz von Fritz Lyrenmann die Stiftung Mühle errichtet und am 6. Dezember 1992 nahmen die Langenthaler Stimmbürger mit 3652 Ja zu 3359 Nein die Vorlage zur Sanierung der Alten Mühle an.

Weiterführende Literatur

  • Max Jufer: Die Mühle von Langenthal 1224-1995. 1995
  • Walter Wegmüller: Die industrielle Entwicklung von Langenthal. Die Müllerei. 1938
  • Samuel Herrmann: Spaziergang in Langenthal, 2008


Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.


Bild:
Mühlerad an der Fassade der Alten Mühle, Baujahr 1759

Das Bild zeigt das Mühlerad an der Fassade der Alten Mühle, mit Baujahr 1759