Soziale Kämpfe zwischen Bauern und Taunern

1771

In der frühen Neuzeit (1500-1800) gliederte sich die dörfliche Gesellschaft in Bauern, Tauner und Hintersassen. Die drei Gruppen werden auch in den alten Langenthaler Dorfordnungen erwähnt (1535/51/1661).

Die Bauern (pursami) besassen von amtes her einen Hof und genügend Land um eine Familie zu unterhalten. Statussymbol war die Fahrhabe: Pferde und Ochsen, die halfen, die Felder zu bebauen. Die Tauner dagegen besassen höchstens ein kleines Häuschen, oft mit einer kleinen Hofstatt, deren Erträge aber nicht ausreichten, um den Lebensunterhalte einer Familie zu bestreiten. Sie mussten mit handwerklicher Arbeit (Schuhmacher, Weber, Küffner, Wagner etc.) oder als Taglöhner (Tagwan) sich am Leben erhalten.

Nachdem gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Tauner auch Burger geworden waren, begannen sie, um Rechte an der Allmendnutzung zu kämpfen. Die alte Dorfordnung hatte solche nicht vorgesehen. In Langenthal dauerte der Kampf um diese Rechte ein ganzes Jahrhundert. Bereits 1642 forderten Tauner vom Ammann und den Vierern das „Mos“ (gegen Bleienbach) für sie einzuschlagen. Da dies aber bestes Weideland für „Kuh und Kalb“ sei, sei es den Besitzenden vorbehalten. Man versprach land im „weyer“, das man trockenlegen wolle. Die Tauner gaben sich damit nicht zufrieden und wollten einen Anteil an der Allmend (Allmen). Der Kampf ging so weit, dass an einer Versammlung der Gütergemeinde, ein Tauner den Ammann „mit der Schauflen hinterrücks zweymal auf den Kopf geschlagen, dass er gesonken und in Ohnmacht gefallen“. – Darauf verurteilte der Landvogt den Fehlbaren zu 24-stündiger Gefangenschaft, erinnerte aber die „Pursami“ an ihre christliche Pflicht, die Tauner mit der „Abgabe von Reutinen als Allmusen“ vor der Armut zu bewahren.

Einen rechtlichen Anspruch auf ein Stück Burgerland mit entsprechender Zugehörigkeit zur Gütergemeinde errichten die Tauner erst nach der Allmendaufteilnung, welche zwischen 1766 und 1771 erfolgte.

Die Hintersassen sahen diesem Streit unbeteiligt zu. Sie waren Zugezogene ohne Burgerechte in der neuen Wohnsitzgemeinde. In Langenthal zählten zu ihnen z.B. auch reiche Tuchhändler (Rüegger), welche der Gemeinde eine erhebliche Aufenthaltsgebühr (Hintersassengeld) zu zahlen hatten.


Quelle
Akten der Allmendaufteilung 1766-1771
 

Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.


Bild:
Bauern und Tauner im Streit (Roggwiler Chronik, 2006, S. 258)

Bild: Bauern und Tauner im Streit