Klima- und Mobilitätsstrategie

Es wird heisser, es wird stürmischer, das Wetter wird intensiver. Die Folgen des Klimawandels werden spürbar. Wie kann Langenthal ihren Beitrag dazu leisten, den Klimawandel möglichst klein zu halten? Welche Massnahmen sind nötig um in Langenthal die hohe Lebensqualität zu erhalten? Oder ist es bereits zu spät?

Mit der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 liefert Langenthal Antworten, Ziele und Massnahmen, damit Langenthal für die Zukunft gewappnet ist, bevor es zu spät ist. Doch eines ist klar, nur gemeinsam können die gesetzten Ziele erreicht werden. Vom 6. Februar 2024 bis am 31. März 2024 bestand die Möglichkeit, bei der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 mitzuwirken. Aktuell analysieren wir alle Mitwirkungseingaben und sammeln die gewonnenen Erkenntnisse in einem Bericht. Diesen publizieren wir in Kürze auf der Webseite der Stadt Langenthal. Anschliessend überarbeiten wir die Strategie, unter Berücksichtigung der Mitwirkungseingaben, nochmals. Nach Anhörung in den vorberatenden Kommissionen legen wir die Strategie dem Gemeinderat zur Genehmigung vor.

Vision

Langenthal ist klimaneutral und gewährleistet ein gutes Stadtklima

2040 in Langenthal: Bäume säumen Strassen und Plätze. Im Sommer erholen sich Jung und Alt während der wiederholten Hitzeserie unter den Schattenspendern. Im Winter liefert der Wärmeverbund erneuerbare Wärme für ein angenehmes Innenklima. Erneuerbarer Strom von den vielen Photovoltaikanlagen auf den Dächern und an den Fassaden liefern Strom für kühle, öffentlich nutzbare Innenräume, wie Bibliotheken oder Museen. Lastenräder und Elektromobile transportieren die Waren des lokalen Gewerbes. Einwohnende und Besuchende, die nicht zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sind, nutzen selbstfahrende E-Sammeltaxis. Neue Holzbauten symbolisieren die Abkehr von den CO2-intensiven Betonbauten aus früheren Zeiten. Das Zentrum ist belebt und geschäftig. Der Gemeinderat hält zufrieden Rückschau auf den gelungenen Effort. Überzeugte und engagierte Menschen haben den Ausstieg aus den fossilen Energien während rund zwei Jahrzehnten erfolgreich vorangetrieben - Langenthal ist klimaneutral und gewährleistet ein gutes Stadtklima.

Damit wir, unsere Kinder und Enkelkinder dieses Zukunftsbild so oder ähnlich erleben, sind wir alle gefordert. Es braucht von uns Weitsicht zum Entscheiden und Mut zum Handeln. Denn der Klimawandel und dessen Auswirkungen stellen für die Menschheit die wohl grösste Herausforderung des 21. Jahrhunderts dar. Einerseits müssen Treibhausgasemissionen reduziert werden (Klimaschutz) und andererseits sind Massnahmen zu treffen, um sich den Folgen des Klimawandels anzupassen (Klimaanpassung).

Mit der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 nimmt die Stadt Langenthal ihre Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen wahr und zeigt einen Weg auf, wie die schädlichen Treibhausgasemissionen in Langenthal reduziert werden können und mit welchen Massnahmen ein erträgliches Stadtklima langfristig sichergestellt werden kann.
 

Hauptziele

In der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 sind vier Hauptziele verankert. Je ein Netto-Null-Ziel und ein Mobilitätsziel für das gesamte Stadtgebiet und für die Stadtverwaltung als Unternehmen.

Gesamtes Stadtgebiet:

  1. Die Stadt Langenthal senkt ihre CO2-Emissionen bis 2040 auf Netto-Null.
  2. Der Anteil des Fuss- und Veloverkehrs und des Öffentlichen Verkehrs am Modalsplit verdoppelt sich bis 2040 gegenüber 2010

Stadtverwaltung:

  1. Die Stadtverwaltung senkt ihre CO2-Emissionen bis 2035 auf Netto-Null.
  2. Der Anteil des Fuss- und Veloverkehrs und des Öffentlichen Verkehrs am Modalsplit erhöht sich um den Faktor 1,5 gegenüber 2019.

Um diese Hauptziele zu erreichen, werden in der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 folgende sechs Teilbereiche behandelt:

  • Raumplanung und Bauten
  • Mobilität und Verkehr
  • Grünräume und Wasserwirtschaft
  • Finanzen und Vorsorge
  • Gesundheit und Soziales
  • Partizipation und Kommunikation

Mit der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 fängt die eigentliche Arbeit an. Denn die Strategie setzt den Startschuss für einen effizienten Klimaschutz, einen pragmatischen Ansatz zur Klimaanpassung und zur Änderung der Mobilitätskultur in Langenthal. Dazu braucht es öffentliche und private Investitionen um Bestehendes zu erhalten und Neues zu schaffen. Denn nur gemeinsam mit der Bevölkerung, Institutionen und Unternehmen kann der Klimawandel und seine Folgen bewältigt werden.
 

Raumplanung und Bauten

Strategischer Leitsatz

Langenthal fördert und fordert eine hohe Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie eine klimaangepasste Stadtentwicklung.

Rund zwei Drittel aller Emissionen in Langenthal entstehen bei der Wärmegewinnung, insbesondere für Komfortwärme. Deshalb kommt der energetischen Sanierung und Optimierung der Gebäude grösste Bedeutung zu. Dabei ist insbesondere auf die Steigerung der Energieeffizienz oder die Reduktion des Energiebedarfs und auf die Dekarbonisierung des Heizsystems (Heizungsersatz = Umstieg von fossilen Energieträgern auf kohlenstofffreie, erneuerbare Energien) zu achten. Zudem müssen die Bereiche Klimaschutz und Klimaanpassung bei der Raumplanung mit ambitionierten Vorgaben verankert werden. Der Qualität des öffentlichen Raumes kommt bei der Klimaanpassung eine zentrale Bedeutung zu und hat einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen, die sich darin aufhalten und bewegen. Begrünte und durchlässige Oberflächen erhitzen sich weniger stark, unterstützen den Luft- und Feuchtigkeitsaustausch und nehmen mehr Wasser auf als z.B. Asphalt oder Beton.
 

Mobilität und Verkehr

Strategischer Leitsatz

Langenthal fördert aktiv die klimafreundliche und ressourceneffiziente Mobilität.

Der Verkehr verursacht rund einen Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen in der Schweiz und rund 28 % der Emissionen in Langenthal. Eine klimaneutrale Mobilität erfordert eine drastische Reduktion dieser Emissionen. Ein lebendiges Stadtzentrum und sichere Quartiere erfordern attraktive öffentliche Räume. Flächeneffizient und klimafreundlich unterwegs ist man zu Fuss, mit dem Velo, im öffentlichen Verkehr, multimodal und mit geteilten Fahrzeugen (wie z.B. Mobility). Das Bedürfnis nach sicherer, flexibler Fortbewegung und angenehmem Aufenthalt im öffentlichen Raum steht im Fokus. Der kombinierte Gebrauch unterschiedlicher Verkehrsmittel und das vermehrte Teilen von Fahrzeugen erhöhen die Effizienz des Verkehrssystems. Diese zielgruppenspezifische Mobilitäts- und Sharing-Angebote fördern und beschleunigen die Änderung des Mobilitätsverhaltens zu einer klimafreundlichen Mobilität in der Stadt der kurzen Wege.
 

Grünräume und Wasserwirtschaft

Strategischer Leitsatz

Langenthal geht mit den Ressourcen Boden und Wasser haushälterisch und nachhaltig um und fördert die Biodiversität.

Für die Anpassung an die neuen klimatischen Bedingungen kommt dem nachhaltigen und klimaangepassten Umgang mit dem Boden und dem Wasser eine entscheidende Rolle zu. So tragen versickerungsfähige und begrünte Flächen substanziell zur Kühlung im Siedlungs- und Strassenraum bei und können den zu erwartenden Starkniederschlägen und Trockenperioden bzw. deren Folgen entgegenwirken.
 

Finanzen und Vorsorge

Strategischer Leitsatz

Langenthal richtet die öffentlichen Finanzflüsse auf eine klimaneutrale und gegenüber der Klimaveränderung widerstandsfähige Entwicklung aus.

Der Finanzfluss beeinflusst die indirekten Emissionen. So kann davon ausgegangen werden, dass der Finanzplatz Schweiz ein zwanzigfaches der direkten Emissionen in der Schweiz verantwortet (klima-allianz.ch). Durch eine nachhaltige Anlagestrategie kann sichergestellt werden, dass das Geld nicht in Kohle-, Erdöl- und Erdgaswirtschaft investiert und stattdessen Firmen mit klimafreundlicher Ausrichtung gefördert werden.
 

Gesundheit und Soziales

Strategischer Leitsatz

Langenthal orientiert sich an einer sozial gerechten Klimaanpassung und schützt insbesondere die Gesundheit der vulnerablen Bewohnerinnen und Bewohner.

Langenthal fördert ein nachhaltiges Konsumverhalten. 

Unabhängig vom individuellen Verhalten ist die gesamte Bevölkerung von den Folgen der Klimaveränderung betroffen. Hitzewellen, extreme Wetterereignisse wie Sturm und Hochwasser betreffen alle Bevölkerungsgruppen. Dabei haben nicht alle die gleichen Möglichkeiten, sich an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen oder sich vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Chancengleichheit in der KMS2040 bedeutet, dass besonders vulnerable Personengruppen besonders vor den Folgen des Klimawandels geschützt werden. Eine sozial gerechte Klimaanpassung umfasst daher sozioökonomische Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit. Zielgruppenspezifische Präventionsmassnahmen tragen zum Erhalt eines möglichst umfassenden Wohlbefindens der Bevölkerung bei. Der daraus resultierende gesundheitliche Zusatznutzen schützt und verbessert damit auch die öffentliche Gesundheit und reduziert die potentiellen Gesundheitskosten.

Ein weiterer sozialer Aspekt im Bereich Klimaschutz betrifft das Konsumverhalten. Durch ein nachhaltiges Konsumverhalten wird die Nachfrage nach lokalen und nachhaltigen Produkten gesteigert, wodurch Transportemissionen eingespart, die lokale oder regionale Wertschöpfung angekurbelt und das Identitäts- und Verbundenheitsgefühl zur Region gestärkt werden kann.
 

Partizipation und Kommunikation

Strategischer Leitsatz

Langenthal informiert, aktiviert und beteiligt Akteurinnen und Akteure für den Klimaschutz und die Klimaanpassung.

Freiwillige Beteiligungsverfahren informieren und motivieren die unterschiedlichen Zielgruppen und regen zur Mitsprache, bzw. zum Mitmachen an. Die interessierte Bevölkerung weiss, was die Stadt in Sachen Klimaschutz und Klimaanpassung unternimmt und kann mit Kreativität ihre Ideen und Anliegen einbringen. Betroffene werden zu Beteiligten und im besten Fall zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Damit steigt die Akzeptanz der KMS2040 und der damit verbundenen Massnahmen. Deren Umsetzung gewinnt an Wirkungskraft, wenn engagierte Langenthalerinnen und Langenthaler, lokale Organisationen, Institutionen und Unternehmen in ihrem Umfeld mit anpacken und damit gemeinsam zur Erreichung der Vision beitragen.
 

Treibhausgase

Die Währung im Klimaschutz sind die sogenannten Treibhausgasemissionen. Treibhausgase sind alle Gase, welche in der Atmosphäre zum Treibhauseffekt beitragen, also Gase, welche also einen Teil der von der Erde abgestrahlten Wärme zurückhalten und damit zu einer Erwärmung der Erde beitragen.

Die Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 der Stadt Langenthal fokussiert auf die direkten Emissionen. Also die Emmissionen, welche in Langenthal ausgestossen werden (Scope 1, Abbildung 1) und die Emissionen aus dem Energiebereich (Scope 2). Die Abgrenzung zu den indirekten Emissionen (Scope 3) wird nicht strikt umgesetzt, da es in gewissen Teilbereichen sinnvoll ist, auch indirekte Emissionen in der Strategie zu berücksichtigen.

Abbildung Treibhausgase
Abbildung 1: Scope 1 beinhaltet alle direkten Treibhausgasemissionen, also alle Emissionen die in Langenthal anfallen. Scope 2 beinhaltet alle vorgelagerten, indirekten Emissionen, welche bei der Produktion von Strom und Wärme entstehen. Scope 3 umfasst alle nicht-energie-bezogenen Emissionen in der Wertschöpfungskette. Diese sind sehr divers und können sowohl vorgelagert (Produktion), als auch nachgelagert (Konsum und Entsorgung) sein.

 

IST-Zustand Langenthal

Im Jahr 2019 wurden in der Stadt Langenthal 75'700 t Treibhausgase (nachfolgend zur Vereinfachung CO2 genannt) ausgestossen (Abbildung 2). Das sind 4.7 t CO2 pro Einwohnerin und Einwohner und Jahr. Das ist etwas unter dem Schweizer Durchschnitt (5.0 t CO2 pro Kopf und Jahr).

Rund 44 % der Treibhausgasemissionen entstehen durch die Produktion von Komfortwärme (= Raumwärme und Warmwasser), weitere 25 % durch die Wärmegewinnung in Industrie und Gewerbe (Komfort- und Prozesswärme). Somit sind rund zwei Drittel aller Emissionen in Langenthal auf die Wärmegewinnung zurückzuführen. Der Grossteil der Emissionen (rund 51 % der Gesamtemissionen) entsteht durch die Verbrennung von Gas (Abbildung 2 b), 17 % durch die Verbrennung von Öl. Die Emissionen des Stromverbrauchs fallen mit 2 % nur wenig ins Gewicht. Ein weiterer grosser Emittent hingegen ist der Verkehr mit 29 %, wobei diese Emissionen mehrheitlich beim motorisierten Individualverkehr (MIV) anfallen. Die Emissionen aus der Landwirtschaft sind in Langenthal vernachlässigbar.

Abbildung Treibhausbiland
Abbildung 2: Treibhausgasbilanz für die Stadt Langenthal für das Jahr 2019 a) aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Sektoren, b) nach Sektor und Energieträger. Energieträger werden nur aufgeführt, wenn sie mindestens 1% der Gesamtmenge ausmachen.


Aus der Treibhausgasbilanz wird ersichtlich, dass das grösste Potenzial für die Einsparung von Treibhausgasemissionen für die Stadt Langenthal beim Heizungsersatz und der energetischen Sanierung der Bauten liegt. Weitere grosse Einsparungen sind möglich durch die Dekarbonisierung der Verkehrsmittel (Umstieg von fossilen Brennstoffen auf kohlenstofffreie und erneuerbare Energieträger) sowie die Förderung des öffentlichen Verkehrs und des Fuss- und Veloverkehrs.

Die entsprechende Bilanzierung der Treibhausgasemissionen für die Stadtverwaltung ist in der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 verfügbar.
 

Der Klimawandel und seine Folgen

Der Ausstoss von Treibhausgasen verändert das Klima. Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen in der Schweiz ist heute der Verkehr, gefolgt von der Industrie, privaten Haushalten und der Landwirtschaft. Nebst direkten Emissionen verursacht der Konsum der Schweizer Bevölkerung eine bedeutende Menge an indirekten Treibhausgasemissionen (Emissionen, die beispielsweise bei der Produktion oder der Entsorgung eines Produkts anfallen) im Ausland. Diese indirekten Emissionen belaufen sich auf etwas mehr als die doppelte Menge der in der Schweiz verursachten Emissionen.

Wenn die globalen Treibhausgasemissionen nicht drastisch reduziert werden, wird erwartet, dass in der Schweiz die Jahresdurchschnittstemperatur zwischen 2020 und 2050 um weitere 2-3°C steigt. Zudem muss schweizweit mit trockeneren Sommern, einer höheren Anzahl Hitzetage und heftigen Niederschlägen, sowie schneearmen, aber regenreichen Wintern gerechnet werden. Insbesondere häufigere Starkniederschläge und Hitzewellen würden auch Langenthal hart treffen, da hier das Hochwasser bereits heute eine der grössten Naturgefahren darstellt und Hitzewellen in Siedlungsräumen durch den Wärmeinseleffekt noch verstärkt werden.

Um die Auswirkungen des Klimawandels besser verstehen zu können, werden Klimamodelle (RCP - Representative Concentration Pathways) mit unterschiedlich starkem Klimaschutz berechnet. Die wichtigsten beiden Szenarien sind das RCP 8.5, bei welchem kein Klimaschutz betrieben wird ("business as usual") und das RCP 2.6 bei welchem global konsequenter Klimaschutz gemäss Pariser Klimaübereinkommen umgesetzt wird. Je nach Klimaschutz-Szenario sind die klimatischen Änderungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Nehmen die globalen Treibhausgasemissionen zukünftig weiter stark zu (RCP 8.5), ist im Mittelland bis Mitte des 21. Jahrhunderts mit einer weiteren Erwärmung um weitere 2-3 °C zu rechnen (Abbildung 3a und b). Infolge dessen steigt die Zahl der Sommertage aber auch der Tropennächte markant an und Frosttage werden seltener. Auch ist zu erwarten, dass Winterniederschläge zunehmen (Abbildung 3c) und aufgrund steigender Temperaturen vermehrt als Regen statt Schnee fallen und die Sommermonate jedoch trockener werden (Abbildung 3d).

Abbildung Temperatur
Abbildung 3: Prognostizierte Auswirkungen des Klimawandels für das Schweizer Mittelland für die Szenarien RCP 2.6 (blau, global konsequenter Klimaschutz) und RCP 8.5 (rot, "business as usual").
a) Die gemessene und prognostizierte Jahremitteltemperatur zeigt einen deutlichen Temperaturanstieg ab den 1980er Jahren. Dieser Trend wird im Szenario RCP 8.5 ungebremst fortgesetzt. Selbst bei einem konsequenten Klimaschutz (RCP 2.6) ist mit einem kleinen Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur zu rechnen.
b) Die prognostizierte Jahresmitteltemperaturveränderung für die Jahre 2035, 2060 und 2085 (Abweichung in °C) zeigt, dass bei RCP 2.6 die Temperatur konstant rund 1 °C höher sein wird. Unter dem Szenario RCP 8.5 wird die Jahresdurchschnittstemperatur stetig steigen und im Jahr 2085 eine Abweichung von +4 °C erreichen.
c) In beiden Szenarien werden die Winterniederschläge zunehmen.
d) Unter dem Szenario RCP 8.5 werden die Sommerniederschläge bis 2085 um bis zu 20 % abnehmen, während sich die Sommerniederschläge auf konstantem Niveau halten werden unter dem Szenario RCP 2.6.


Die obengenannten Klimaveränderungen haben einschneidende Konsequenzen auf

  • die Bevölkerung und ihre Gesundheit; beispielsweise Hitzestress, Verlängerung der Pollensaison oder Ausbreitung von Krankheitsvektoren wie Zecken und Tigermücken,
  • Ökosysteme; beispielsweise durch höhere Temperaturen, durch weniger stabile Bedingungen durch die heftigen Niederschläge oder durch längere Dürreperioden und
  • die Wirtschaft; beispielsweise in der Landwirtschaft wegen längerer Trockenperioden oder vermehrtem Gebrauch von Kühltechnologien (NCCS, 2018b).

Im Kampf gegen den Klimawandel kommt den Städten und Gemeinden eine wichtige Rolle zu. Während der Bund und der Kanton übergeordnete Richtwerte und Ziele vorgeben kann, fällt die konkrete Umsetzung der Massnahmen meist in die Kompetenz der Städte und Gemeinden.
 

Absenkpfad, resp. Umsetzungshorizont

In der Zustandsanalyse hat sich gezeigt, dass im gesamten Stadtgebiet im Jahr 2019 rund 75'700 t CO2 emittiert wurden. Gemäss vorgängigen Analysen besteht in Langenthal bezüglich Klimaschutz insbesondere Handlungsbedarf in den Bereichen Raumplanung und Bauten sowie Verkehr und Mobilität. Entsprechend sind diese Bereiche prioritär zu behandeln.

Es ist anzunehmen, dass auch im Jahr 2040 noch nicht die komplette Komfort- und Prozesswärme (Industrie) emissionsfrei produziert werden kann und auch in den anderen Bereichen Restemissionen verbleiben werden. Gesamthaft muss davon ausgegangen werden, dass in Langenthal auch im Jahr 2040 noch Emissionen im Umfang von rund 11'000 t CO2 anfallen werden (Abbildung 4). Diese Restemissionen müssen, um das Netto-Null Ziel zu erreichen, durch natürliche und technische Senken kompensiert werden. Entsprechend müssen, unter der Annahme eines linearen Rückganges der Emissionen bis 2035 und einem folgenden schnelleren Rückgang durch technische Innovationen, in Langenthal die Emissionen alle fünf Jahre um rund 18'000 t CO2 reduziert werden.

Abbildung Absenkpfad
Abbildung 4: Anzustrebender Absenkpfad zum Erreichen des Netto-Null Ziels bis 2040. Aufgezeigt sind die Emissionen für die unterschiedlichen Bereiche in Tonnen CO2

 

Finanzierung

Der Klimaschutz und die Klimaanpassungen, und somit die Umsetzung der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040, verursachen der Stadt Langenthal Kosten – sowohl finanzieller als auch personeller Art. Die Kosten für die Stadt Langenthal bewegen sich, gemäss ersten Grobkostenschätzungen und in Anlehnung an Klimastrategien anderer Städte, für den vorgesehenen Zeitraum im zweistelligen Millionenbereich. Dazu kommen, wenn die Stadt das Netto-Null-Ziel auf dem ganzen Stadtgebiet erreichen möchte, Investitionen von Privaten von rund Fr. 500 Millionen. Es ist zu beachten, dass diese Ausgaben nicht als zusätzliche Kosten zu betrachten sind, denn beispielsweise auch ein Heizungsersatz von Gas zu Gas oder von Öl zu Gas ist mit Aufwendungen verbunden. Solche unabhängig von der KMS2040 anfallenden Aufwendungen wurden nicht abgezogen. Zudem gibt es verschiedene Förderbeiträge, welche bei den Investitionen im Bereich Klimaschutz eingefordert werden können. Auch wenn die Aufwendungen auf den ersten Blick sehr hoch scheinen, ist davon auszugehen, dass diese trotzdem tiefer ausfallen, als die Folgekosten bei Untätigkeit, die aufgrund von häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen und gesundheitlichen Auswirkungen von Hitzesommern entstehen werden.

Der Belastung des Finanzhaushaltes stehen auch volkswirtschaftliche positive Auswirkungen gegenüber. Namentlich wird das lokale und regionale Gewerbe von den durch die Massnahmen ausgelösten Investitionen profitieren, beispielsweise durch zusätzliche Aufträge in den Bereichen Gebäudesanierungen, Nutzung erneuerbarer Energien, Mobilitätsangebote oder Elektromobilität. Ausserdem erhöht die Umsetzung der KMS2040 die Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität, reduziert die Belastungen mit Lärm und Luftschadstoffen und senkt somit Krankheits- und Unfallkosten.
 

Monitoring und Controlling

Die Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 setzt klar definierte Hauptziele sowie spezifische, messbare und terminierte Ziele in den Handlungsfeldern. Um sicherzustellen, dass diese erreicht werden, müssen die Implementierungsfortschritte regelmässig und mit konstanten und messbaren Indikatoren überprüft werden. So können die Strategie und insbesondere die Massnahmen bei Bedarf angepasst werden, sollte sich die Stadt nicht auf Zielkurs befinden. Somit ist die KMS2040 ein bewusst organisches, sich weiterentwickelndes Dokument.

Zur kontinuierlichen Überprüfung der Implementierungsfortschritte der KMS2040 sind für die verschiedenen Bereiche unterschiedliche Indikatoren regelmässig zu erheben. Diese müssen genau definiert werden, um einen Vergleich zwischen den Jahren sicherzustellen und können im Idealfall für die Gesamtbilanz in Treibhausgasemissionen umgerechnet werden. Die Überprüfungs- und Erfassungszyklen unterscheiden sich für die verschiedenen Teilbereiche und müssen im ersten Jahr nach Genehmigung der Klima- und Mobilitätsstrategie 2040 definiert werden. Nebst den einzelnen Indikatoren wird in regelmässigen Abständen eine Zwischenbilanz, bestehend aus einer Treibhausgasbilanz und einer Überprüfung des Bereich Klimaanpassung, erstellt. In Anlehnung an die 4-Jahreszyklen der politischen Legislatur und des Energiestadtlabels, soll auch die Entwicklung der KMS2040 alle vier Jahre kontrolliert werden. In Anlehnung an die Resultate der Treibhausgasbilanz wird die Klima- und Mobilitätsstrategie 2040, insbesondere die Massnahmen, angepasst. Eine solche Zwischenbilanz wird erstmals im Jahr 2024 erstellt.

Verantwortlich für die Erstellung der Zwischenbilanzen zeichnet sich die Fachstelle Umwelt und Energie in enger Zusammenarbeit mit der Fachstelle Mobilität und Verkehr.
 

Glossar

Dekarbonisierung
Allgemein bezeichnet Dekarbonisierung die die Reduktion der Nutzung von CO2 verursachenden Technologien, damit sich der menschengemachte Treibhausanteil in der Luft verringert.

Direkte und indirekten Treibhausgasemissionen
Direkte Emissionen entstehen direkt vor Ort durch die Nutzung eines Produktes. Indirekte Emissionen sind die Emissionen, welche vorgelagert oder nachgelagert bei der Produktion oder der Entsorgung des Produktes entstehen (siehe dazu auch Abbildung 3).

Hitzetag
Meteorologisch-klimatologische Bezeichnung für Tage, an denen die Tageshöchsttemperatur 30 °C erreicht oder übersteigt.

Klimaanpassung
Mit rechtzeitigen Massnahmen zur Anpassung können negative Klimafolgen vermieden oder verringert werden.

Klimamodelle
Klimamodelle sind umfangreiche Computerprogramme, die dazu verwendet werden, die künftige Entwicklung des Klimas auf Basis bestimmter Annahmen zu berechnen. Diese Annahmen werden zu Treibhausgasszenarien zusammengefasst.

Klimaneutralität
Klimaneutralität bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Entnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen.

Klimaschutz
Klimaschutz ist im Wesentlichen ein Bestandteil von Umweltschutz. Jedoch wird beim Klimaschutz ein spezielles Augenmerk auf die Emissionen in die Erdatmosphäre gelegt. Beim Klimaschutz liegt der Fokus auf der Reduktion von Treibhausgasemissionen.

Krankheitsvektoren
Ein Vektor oder Krankheitsüberträger ist in der Biologie und der Medizin ganz allgemein ein Überträger von Krankheitserregern, die Infektionskrankheiten auslösen. Der Vektor transportiert einen Erreger vom Wirt auf einen anderen Organismus; der Vektor selbst erkrankt nicht.

Natürliche und technische Senkenleistung
In biologischen Systemen wird Kohlenstoff gebunden. Entsprechend kann durch die Förderung von Biomasse (beispielsweise in Form von langlebigen Bäumen) CO2 aus der Atmosphäre gebunden und langfristig gebunden werden. Das Potenzial der Biomasse, CO2 aufzunehmen und zu binden wird als natürliche Senkenleistung in der Treibhausgasbilanz ausgewiesen (Negativemissionen). Mittlerweile gibt es auch technische Möglichkeiten, CO2 aus der Atmosphäre zu binden und langfristig im Gestein zu lagern. Diese Negativ-Emission-Technologien erbringen eine technische Senkenleistung. Eines der berühmtesten Unternehmen in diesem Bereich ist die ClimeWorks. 

Mobilität und Verkehr
Häufig liegen die Bereiche Arbeit, Wohnen, Freizeit und Einkaufen räumlich betrachtet auseinander. Menschen müssen, wollen sie ihre Bedürfnisse befriedigen, mobil sein. So wird durch den Begriff „Mobilität“ die Möglichkeit bzw. Fähigkeit der Menschen beschrieben, die von ihnen gewünschten Ziele zu erreichen. Setzen sie diese Möglichkeiten um, entsteht Verkehr.

Ökosystem
Ein Ökosystem ist eine Lebensgemeinschaft von Lebewesen in einem bestimmten Lebensraum. Auch die unbelebten Bestandteile eines Lebensraumes spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle. Dazu gehören zum Beispiel Gestein, die Mineralien im Boden, Luft und Wasser.

Partizipation
Der Begriff Partizipation wird übersetzt mit Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitsprache, Einbeziehung usw.

RCP - Representative Concentration Pathways
Der Begriff repräsentativer Konzentrationspfad wird seit dem Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarates zur Beschreibung von Szenarien für den Verlauf der absoluten Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre verwendet.

Scope 1
Das Scope 1 umfasst die direkte Freisetzung klimaschädlicher Gase im eigenen Unternehmen oder innerhalb des definierten Perimeters.

Scope 2
Das Scope 2 umfasst die indirekte Freisetzung klimaschädlicher Gase durch Energielieferanten.

Scope 3
Das Scope 3 umfasst die indirekte Freisetzung klimaschädlicher Gase in der vor- und nachgelagerten Lieferkette.

Sommertag
Ein Sommertag ist ein Tag, an dem das Maximum der Lufttemperatur ≥ 25 °C beträgt.

Stadtklima
Unter Stadtklima (oder auch urbanem Klima) versteht man das gegenüber dem Umland durch die Bebauung und anthropogene Emissionen (wie z.B. Luftschadstoffe oder Abwärme) modifizierte Mesoklima von Städten und Ballungsräumen.

Vulnerable Personengruppen
Als vulnerable Bevölkerungsgruppen versteht man in der Entwicklungszusammenarbeit Menschen, die nicht in der Lage sind, Herausforderungen aus eigener Kraft zu bewältigen, und daher unter Krisen besonders leiden.

Wärmeinseleffekt
Höhere Bodentemperaturen im urbanen Raum im Vergleich zur ländlichen Umgebung

Zugehörige Objekte

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