Neue Bahnen und Industriebetriebe verändern das Dorf

1860 - 1920

Langenthal fand 1857 Anschluss an die Eisenbahnlinie Olten – Bern und an die Zweigbahnen nach Huttwil (1889), Niederbipp (1907) und Melchnau (1912). Die neuen Verkehrslinien setzten die Industrialisierung in Gang. Von 1862 bis 1910 entstanden über ein Dutzend Firmen, darunter mechanische Webereien, Maschinen-, Teppich- und Porzellanfabriken, Ziegeleien, Grafische Untenehmen und Bauunternehmen. Die bekanntesten der damals entstandenen Firmen sind die Textilfabrik Gugelmann (1862), die Maschinenfabrik Ammann (1864 in Madiswil gegründet), die Textil- und Teppichfirma Ruckstuhl (1881), die Leinenweberei Langenthal (1889) und die Porzellanfabrik Langenthal (1906). Es sind Firmen, die im 20. Jahrhundert mit ihren zum Teil über 1000 Arbeitsplätzen Generationen von Arbeitnehmenden prägten. Die Industrialisierung ist auch verbunden mit der Gründung von Banken: 1823 entstand die Amtsersparniskasse des Amtes Aarwangen (bis 1996), 1884 Kantonalbank, 1867 Bank in Langenthal (bis 1995). Weiter entstanden in diesen Jahren bedeutende Handelsfirmen (Wein, Käse, Eisenwaren). Motor der industriellen Entwicklung war nicht nur die gute Verkehrslage von Langenthal, das Geld, welches die Banken zur Verfügung stellten, es war auch die Energie. 1895 wurden die „Elektrizitätswerke Wynau“ als private Gesellschaft gegründet. Das Kraftwerk Wynau an der Aare lieferte im Januar 1896 den ersten Strom, produziert mit fünf Drehstrommaschinen. Acht Jahre später wurde die die Aktiengesellschaft von 27 Gemeinden für 1,5 Millionen Franken übernommen. In den Folgejahren wurde das Kraftwerk ausgebaut und die Anlagen erneuert. Für den Transport der Energie vom Kraftwerk hin zu den Verbrauchern wurden Leitungsnetze gebaut. Die neue Energie förderte die wirtschaftliche Entwicklung Langenthals nachhaltig. Der wirtschaftliche Aufschwung war auch das Werk von Persönlichkeiten, deren Denken stark von jenem liberalen Geist geprägt war, welcher sich im 19. Jahrhundert in Langenthal entfaltete und der sich auch im wie auch im kirchlichen Leben zeigte (Johann Bützberger, 1820-1886), Johann Friedrich Gugelmann (1829-1898), Ulrich Ammann-Dennler (1861-1944); Arnold Gugelmann (1852-1921); Arnold Spychiger (1869-1938).


Weiterführende Literatur

  • Langenthaler Heimatblätter, 2004
  • Walter Wegmüller: Zur industriellen Entwicklung Langenthals, 1938


Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.


Bild:
Die Maschinenfabrik Ammann an der Bahnlinie, vor 1900

Maschinenfabrik Ammann an der Bahnlinie, vor 1900