Langenthaler Hafnergewerbe

1730

Im Zusammenhang mit dem Neubau von Alterswohnungen an der St. Urbanstrasse auf dem Kaspar-Areal (früher Badgasse) wurden anlässlich einer Notgrabung alte Brennöfen entdeckt. Sie gehörten der Hafnerfamilie Staub, die auf dem Areal des alten römischen Gutshofes um 1730 eine Hafnerei errichtete. Johannes Staub (1831-1899) hat Memoiren hinterlassen, in denen er über die Langenthaler Hafnerfamilie schreibt. Danach war der Betriebsgründer vermutlich der in den Kirchenbüchern als Vater des 1767 geborenen Johannes Staub als „Hafner“ nachgewiesene Daniel Staub (Geburtsjahr und Todesjahr unklar). Eine Inschrift über der Tür eines ausgegrabenen Kellers trägt die Jahrzahl 1730. Die Liegenschaft an der Badgasse umfasste ein Haus mit Scheune, Brennerei, Werkstatt, Garten und Hofstatt. Der Besitz ging 1806 - nach dem Tode Daniels - an den Sohn Johannes (1767–1824) über. 1829 übernahm ihn dessen Witwe Barbara mit ihren Kindern Johannes, Johann David und Barbara. Johannes (1801-1846?), der mit Marie Ehrsam aus Bannwil verheiratet war, führte das Hafnerhandwerk weiter. Sein Bruder Johann David wirkte als Ofenmaler.

„Er hatte ein schönes Geschäft mit Umschwung an der Badgasse und beschäftigte mehrere Arbeiter nebst Dienstboten. Die hauptsächlichste Arbeit war Ofenmachen, auch Geschirr wurde fabriziert, nebst dem wurde auch Landwirtschaft getrieben“ - so lesen wir in den Memoiren seines Sohnes Johannes. Johannes Staub-Ehrsam, der Vater, war künstlerisch begabt, versagte aber beruflich und menschlich infolge Trunksucht und Haltlosigkeit. So erlebte der kleine Johannes mit seinen sechs Geschwistern eine trostlose Kindheit. Die tapfere Mutter, Marie, konnte das Geschick nicht wenden, und das Geschäft brach 1845 zusammen, nachdem kurz zuvor die Hafnerhütte ein Raub der Flammen geworden war. Der Besitz ging durch Geldstag (Konkursverfahren) zur Hälfte an den Schwager Johann David und den reichen einheimischen Garnhändler Jakob Rösch. Die Familie Staub wurde zunächst beim Vogt Fritz Lyrenmann auf dem Geissberg, später dann im Wuhrspittel untergebracht. Der junge Johannes konnte beim Langenthaler Meister Hug das Schuhmacherhandwerk erlernen. Dann wanderte er als Geselle 1851 bis 1855 durch die Schweiz und die zwei folgenden Jahre durch Frankreich. Später heiratete er und eröffnete 1857 in Bern ein eigenes Geschäft. Die Liegenschaft an der Badgasse wurde 1876 vom Gipser und Maler Anton Jost und 1906 vom Bäckermeister Vinzenz Wyss ersteigert. 1916 kaufte Otto Kaspar die Liegenschaft und baute sie zu einem Grabsteingeschäft aus.


Weiterführende Literatur:
Die Memoiren des Johannes Staub, Langenthaler Heimatblätter 1978, 1982, 1984 


Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.


Bilder:
Ausgrabungen Juli 2010 und Malerei des Johannes Staub

Bild der Ausgrabungen 2010 und Malerei des Johannes Staub